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Von der Herausforderung einer agilen Steuerung in Wirtschafts-, Branchen- und Berufsverbänden 

Unternehmen bewegen sich in einem dynamischen, volatilen Umfeld, geprägt durch Unsicherheiten und Komplexitäten. Sie müssen sich entsprechend rasch den sich verändernden Marktbedingungen anpassen. Das erfordert von den Wirtschafts-, Branchen- und Berufsverbänden, dass sie die für ihre Mitglieder aufkommende wichtige Themen möglichst antizipieren und zeitnah mit nutzenstiftenden Massnahmen und Angeboten agieren. Wie lässt sich diese Forderung mit den doch eher trägen Willensbildungs- und Entscheidungsfindungsprozessen und mitunter fachlich wie geografisch komplexen Strukturgebilden in den Verbänden realisieren? 

Wenn wir uns in klassische Funktionendiagramme oder RACI-Matrizen vertiefen, folgt die Achse zu den Funktions- oder Rollenträger:innen dem formalen hierarchischen Aufbau des Verbandes. Also die Steuerung- bzw. Führungsrichtung mit E für Entscheide sowie K für Kontrolle ist meist über mehrere Organisationseinheiten getrennt vom ausführenden oder umsetzenden A bzw. U der operativen Stellen. Es sind aber Letztere, die für das Verbandsmitglied den unmittelbaren Mehrwert schaffen in Form einer Leistung, eines Produkts, einer Information oder eines Vorteils durch erfolgreiche Vertretung der Interessen. Wenn nun Veränderungen am «Markt» zuerst den an der Hierarchie orientierten Führungsweg hin zu steuernden strategischen Entscheiden durch die Geschäftsleitung oder den Vorstand nehmen müssen bevor entsprechende Massnahmen umgesetzt werden können, wirkt das System aus dem Blickwinkel des Mitglieds träge. Akzentuiert werden kann dieser Sachverhalt noch durch dezentrale, in der Regel vereinsrechtlich autonome Strukturen. Die Vorteile breit abgestützter Entscheide werden durch einen hohen zeitlichen Aufwand mit Informationsasymmetrien über den Instanzenweg erkauft, nicht unähnlich unserem demokratischen Politsystem. Wie können Branchen- oder Berufsverbände agiler werden, ohne ihre Governance zu verletzen? 

Lassen wir die klassische hierarchische, möglicherweise noch mit einer zentralen – dezentralen Ausprägung versehene Sichtweise aussen vor und stellen den Akt der Leistungserbringung ins Zentrum der Betrachtung. Bei dem entsteht für das Mitglied der effektiv wahrnehmbare Mehrwert seiner Verbandszugehörigkeit. Darin liegt die Daseinsberechtigung des mitgliederbasierten Verbandes. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe gilt es mit allen notwendigen Kompetenzen, Ressourcen und Verantwortlichkeiten auszustatten, damit sie zeit- und ortsnah so autonom wie nur möglich zur Zufriedenheit des Mitglieds erfolgt. Die mit der Aufgabe betrauten Stellen oder Teams müssen weitestgehend selbstständig agieren können. Sie sollen nicht nur für die Ausführung verantwortlich sein, sondern auch für das Treffen aller in diesem Geschäftsfeld anfallenden Entscheide. Die Ortsnähe ist in der hier vorliegenden Betrachtungsweise nicht unbedingt an politisch territoriale Grenzen gebunden, sondern vielmehr an Cluster von Mitgliederbedürfnissen bzw. an Prozesse der Leistungserbringung. So kann es Sinn machen, dass Teams einer dezentralen Verbandseinheit die Leistungen für die Mitglieder mehrerer Kantonal- oder Regionalverbände erbringen. Oder Mitglieder eines Teilverbandes erhalten ihre Leistungen von Teams aus unterschiedlichen Teilverbänden. Den Rahmen für das Arbeiten der autonomen Teams bildet eine übergeordnete gemeinsame Wertebasis, die grundlegende strategische Ausrichtung mit Regelungen und Ressourcen zur Umsetzung.  

Gemeinsame dezentrale und/oder nationale Plattformen dienen der gegenseitigen Koordination und Unterstützung der Teams, der Behandlung übergeordneter operativer und administrativer Geschäfte die den Verband als Ganzes betreffen sowie der konstruktiven Lösung adressierter Spannungen innerhalb der Teams und zwischen den Teams. Zudem wird die konsequente Verlagerung der notwendigen Entscheidungskompetenzen auf die «Verkaufspunkte» zu mehr Experimenten und mehr (dezentraler) Innovation führen. Umso wichtiger sind (zentrale) Koordinationsgefässe, mit derer Hilfe Best Practices ausgetauscht werden. Das Gesamtsystem lernt schneller. 

Vorstände als de jure strategisches Führungsorgan überwachen das Einhalten bzw. die Weiterentwicklung der Zwecksetzung und des strategischen Rahmens zum Wohle der Mitglieder. Formal könnte man sagen, sie schliessen «Leistungsaufträge, Zielvereinbarungen» mit den operativen Teams ab. Sie sind «Einkäufer» der Leistungen für die Mitglieder, die sie in ihr Amt gewählt haben. 

Fazit: Die Herausforderung einer agileren Steuerung komplexer verbandlicher Gebilde verfolgt zwei Lösungspisten: 

Einerseits bedingt es die Bereitschaft, konsequent in Prozessen der Leistungserstellung in fachlichen oder räumlichen Geschäftsfeldern («Märkten») zu denken, die nicht unbedingt deckungsgleich sein müssen mit vorhandenen, historisch gewachsenen Verbandsstrukturen (Struktur folgt Prozess, nicht umgekehrt).   

Andererseits braucht es eine konsequentere Verlagerung von Entscheidungskompetenzen auf die Ebene dieser Geschäftsfelder und ihre Ausstattung mit den notwendigen Fach- und Handlungskompetenzen, Informationsgrundlagen und Ressourcen. Grundvoraussetzungen zur Verfolgung dieser Lösungspisten sind Mut und Vertrauen von Seiten der strategischen Ebene sowie Verbindlichkeit und Transparenz der in den Geschäftsfeldern operativ tätigen Teams. Eine untergeordnete Rolle spielt die Frage, ob die Aufbau- und Ablauforganisation klassischen Gestaltungsprinzipien folgt oder neueren, der Soziokratie entlehnten Modellen.  

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„Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind für uns zwei Querschnittsthemen, die wir als branchenübergreifender Verband begleiten.“ – ein Interview

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