Als Denkmodell hilft folgende Metapher: «Der Karren läuft.» Das operative Tagesgeschäft läuft durch die Führungsarbeit der Geschäftsleitung. Es handelt sich um Routineprozesse / -aufgaben und die Geschäftsstelle ist in der Lage, diese zu meistern. Exkurs: Sollte dies nicht so sein, muss der Vorstand seine Führungsfunktion wahrnehmen und Personalentwicklungsmassnahmen oder als ultima ratio einen Wechsel initiieren.
Doch gehen wir davon aus, dass «der Karren läuft» und dass dies die Aufgabe der operativen Führung ist, wird klarer, was die Aufgabe des Vorstands ist: Die Fahrt in die Zukunft anzuleiten. Diese eigentliche strategische Arbeit beinhaltet für den Vorstand zwei unterschiedliche Aufgaben:
Eine erste Aufgabe ist die Strategieentwicklung. In dieser Phase beschafft der Vorstand systematisch Informationen (z.B. durch eine Mitgliederbefragung oder eine PESTEL-Analyse), nimmt eine Lagebeurteilung vor und legt – partizipativ mit den Mitgliedorganisationen – eine neue Strategie fest. Dies ist ein Prozess, der erfahrungsgemäss rund ein Jahr dauert und am besten ca. alle vier Jahre wiederholt wird.
Eine zweite Aufgabe ist die Innovationsbegleitung. Im Rahmen der meisten Strategien beschliesst der Vorstand Neuausrichtungen und Weiterentwicklungen. Diese umzusetzen bedeutet für die NPO über das Tagesgeschäft hinauszugehen. Hier «läuft der Karren» nicht einfach so. Veränderungen und Erneuerungen (z.B. Reorganisationen) lösen Widerstände aus. Sie benötigen neues – evtl. noch nicht vorhandenes Fachwissen und sie müssen am Tagesgeschäft vorbei zeitlich eingeplant werden. Auch wenn die Strategeimplementierung von der Geschäftsstelle operativ umgesetzt wird, hat der Vorstand v.a. zwei innovationsbegleitende Aufgaben: a) Er verantwortet die Ressourcenfreistellung für die strategischen Projekte. Meist kann nicht alles gleichzeitig und v.a. parallel zum Tagesgeschäft angegangen werden. Der Vorstand verantwortet die zeitliche Staffelung und «Portionierung» inkl. Erwartungsmanagement bei den Mitgliedern.b) Er nutzt seine Rolle und vermittelt Sicherheit im Change-Management-Prozess. Er steht kritischen Mitgliederbewegungen Red-und-Antwort, begründet und vermittelt die Strategie und hilft dadurch Widerstände abzubauen. Diese beiden Aufgaben folgen einander in einem immerwährenden Kreislauf: 1-2 Jahre Strategieentwicklung; 2-3 Jahre Innovationsbegleitung. Und sobald Veränderungen stattgefunden haben und strategische Projekte abgeschlossen sind, gehen sie ins Tagesgeschäft über.
Ab dann sollte «der Karren wieder laufen» und der Vorstand hat damit nichts mehr zu tun. Ausser…
Eine dritte Aufgabe muss hier noch ergänzt werden. Der Vorstand fällt Entscheidungen, wenn wesentliche Entwicklungen das Tagesgeschäft verunmöglichen. Die sind die so genannte Ausnahmen oder Krisen: Tauchen Entwicklungen auf, welche die Geschäftsstelle nicht selber managen kann, muss der Vorstand involviert werden. Dieser entscheidet, ob entweder neue Ziele, mehr Mittel oder andere Qualitätsansprüche eine Lösung sind.
Und falls Sie bemerken, dass Sie sich als Vorstand schon wieder ums Tagesgeschäft kümmern, nutzen Sie folgende Checkliste:
1. Ist es eine Ausnahme, welche einen neuen Rahmenentscheid des Vorstands verlangt?
2. Ist es Innovationsbegleitung: «Portionierung» oder «Abbau von Widerstand»?
3. Ist es Strategieentwicklung?
Falls alle Fragen mit NEIN beantwortet werden: «Ist die Geschäftsführung überfordert?»
Bei einem JA dieser letzten Frage braucht es ein Mitarbeitendengespräch zwischen Präsidium und Geschäftsführung.
Bei einem NEIN zu dieser letzten Frage, braucht es Selbstdisziplin des Vorstands, die Finger vom Tagesgeschäft zu lassen.