In Deutschland gibt es rund 16’000 Vereine und Verbände mit unterschiedlichsten Aufgaben und entsprechend vielfältigen Strukturen. In vielen dieser Vereine und Verbände werden die anfallenden Geschäfte, auch die Verwaltungs- und Managementgeschäfte, von den gewählten Vorständen durchgeführt. Sekretär:innen, Schriftführer:innen und Schatzmeister:innen sind oft für die Verwaltungsangelegenheiten verantwortlich. Vielfach werden sie für die Durchführung der einfacheren Verwaltungsarbeiten durch Angestellte, Assistenz- und/oder Verwaltungskräfte unterstützt.
In solchen Konstellationen besteht alternativ die Möglichkeit, das Vereinsmanagement insgesamt oder in Teilen an einen Dienstleister zu übertragen. Der Beitrag von Stephan Mellinghoff gibt eine Übersicht über mögliche Vor- und Nachteile, Gestaltungsmöglichkeiten und Herausforderungen, die mit dem Outsourcing von Vereinsmanagement typischerweise verbunden sind.
Professionelles Vereins- und Verbandsmanagement durch Vereinsmanagement als Dienstleistung
Angesichts sich verändernder, tendenziell steigender Anforderungen an Verwaltung und Management von Vereinen, haben diese Strukturen auch ihre Grenzen. Typische Herausforderungen sind:
- Steigende zeitliche Inanspruchnahme des Vorstands durch administrative und operative Aufgaben sowie von Aufgaben des Personalmanagements. Die Zeit für inhaltliche Arbeit wird dadurch deutlich eingeschränkt. Fehlende Kontinuität in der operativen Verwaltung durch regelmäßige Wechsel von Vorstandsmitgliedern. Hoher Zeitaufwand für Einarbeitung in Abläufe etwa der Mitgliederverwaltung, der Vorstandsarbeit und weiterer Formalia.
- Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Leistungsangebots sind mangels Zeit und Kompetenz im ehrenamtlichen Vorstand begrenzt.
- Steigende Anforderungen von Mitgliedern an die Interaktion mit dem eigenen Verein, angefangen von digitalisierten Verwaltungsabläufen, über Verfügbarkeit für eigene Anliegen, bis hin zu zeitgemäßem „look and feel“ der Verbandskommunikation.
- Informationsaustausch im Vorstand leidet unter fehlenden gemeinsamen IT-Strukturen. Verwaltungsprozesse sind vielfach „Handarbeit“.
- Belastungsspitzen der Vorstände in ihrer eigenen hauptamtlichen Tätigkeit führen dazu, dass die Vereinsprozesse stagnieren.
- Steigende formale Anforderungen an die Verwaltung (z.B. Datenschutz) können nur mit Mühe bewältigt werden.
- Zunehmende Schwierigkeiten, Ehrenamt für die Übernahme der Verantwortung für das Vereinsmanagement zu motivieren.
In unserer Verbandspraxis erleben wir, dass der Umgang mit den genannten Themen Gründe sind, über das Outsourcing von Management- und Verwaltungsprozessen nachzudenken. Die folgenden Beispiele sollen das illustrieren:
Fall 1
Eine Fachgesellschaft ca. 1.000 Mitgliedern lässt seine administrativen Prozesse bereits hauptamtlich durchführen. Dabei handelt es sich um Personen, die den einzelnen Mitgliedern des Vorstands entsprechend ihrer Bedarfe zuarbeiten. Bei jedem Wechsel des Vorstands werden die jeweiligen administrativen Prozesse auch an andere Hauptamtliche übertragen, die sich dann in die Gegebenheiten neu einarbeiten müssen.
Fall 2
In einer wissenschaftlichen Gesellschaft mit ca. 300 Mitgliedern werden die Verwaltungsgeschäfte, insbesondere die Mitgliederverwaltung und die Kassenführung durch den Vorstand durchgeführt. Die verwendeten Tools und Instrumente funktionieren, sind allerdings nicht mehr auf dem aktuellen Stand der Technik. Die Mitglieder des Vorstands, selbst vor allem an den wissenschaftlichen Inhalten interessiert, wenden immer mehr Zeit für die administrativen Themen auf. Die inhaltliche Arbeit gerät dadurch mehr und mehr in den Hintergrund.
Fall 3
In einem Berufsverband, ebenfalls mit ca. 1.000 Mitgliedern, führen Mitglieder die Verwaltungsgeschäfte hauptamtlich durch. Teilweise sind diese Personen auch im Vorstand ehrenamtlich tätig. Die Verwaltungs- und Managementgeschäfte werden zufriedenstellend bewältigt und entsprechend dem Bedarf weiterentwickelt. Die hauptamtlich tätigen Mitglieder im Vorstand möchten ihre Aufgaben abgeben. Es finden sich keine Nachfolger.
Fall 4
Ein Berufsverband mit ca. 2.000 Mitgliedern lässt seine Verwaltungsgeschäfte in einem kleinen hauptamtlichen Team bestehend aus Geschäftsführung und einer Assistenz in Teilzeit durchführen. Die Zusammenarbeit funktioniert gut, ist langjährig gewachsen und auf die Bedarfe aller Beteiligten gut abgestimmt. Die Geschäftsführung wird absehbar in den Ruhestand wechseln, die Nachfolge ist zu regeln.
Für alle genannten Konstellationen kann das Outsourcing des Verbandsmanagements eine gute Wahl sein.
Outsourcing von Verbandsmanagement – worum geht es?
Eine klare und allgemeingültige Definition von Vereinsmanagement gibt es nicht. Allgemein umfasst „Management“ alle die Prozesse die notwendig sind, damit ein Verband oder Verein seinen satzungsgemäßen Zweck mit Erfolg verfolgen kann:
Verwaltung
- Verwaltung der Mitglieder mit Eintritten, Änderungen von Stammdaten, Kündigung
- Abrechnung der Mitgliedsbeiträge, einschließlich Mahnung und Inkasso
- Umsetzung der Anforderungen des Datenschutzes
- Bereitstellung von IT
- Sicherstellen der Erreichbarkeit
- Organisation und Dokumentation von Sitzungen
- Einkauf von Dienstleistungen
- Vertragsangelegenheiten
Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
- Umsetzung von Publikationen, print oder digital
- Betrieb einer Website, von Social Media Kanälen, Newsletter-Kanälen
Organisation von Betrieben
- Messen, Fortbildungen
- Shops
Finanz- und Rechnungswesen
Geschäftsführung
- Personalmanagement, Führung
- Steuerung von Diensteistern
- Weiterentwicklung von Leistungen und Strukturen
- Steuerung des Vereins, auch unter kaufmännischen Gesichtspunkten
- Durchführung von Sitzungen und Versammlung unter Einhaltung der vereinsrechtlichen Vorgaben
Potenziale für eine positive Vereinsentwicklung heben
In der Ausgestaltung eines Leistungspakets „Vereinsverwaltung“ bestehen verschiedene Spielräume. Nach unserer Erfahrung sind die Mitgliederverwaltung, die Finanzen und eine gute Erreichbarkeit der Organisation für Mitglieder und weitere Stakeholder zentraler Bestandteil des Anforderungsprofils.
Je nach Leistungsumfang und strategischer Ausrichtung des Vereins oder Verbands kommen weitere Leistungen hinzu. Teilweise bedienen sich Vereine und Verbände auch mehrerer Dienstleister für unterschiedliche Prozesse:
- Messen und/oder Veranstaltungen werden teilweise an Veranstaltungsagenturen vergeben.
- Kommunikationsprozesse (Website, Newsletter, Pressearbeit, Gestaltung von Publikationen) werden an Verlage oder Kommunikationsagenturen ausgelagert.
Das Outsourcing schafft in der Regel neue Freiräume für das Ehrenamt und hebt Potenziale für eine positive Vereinsentwicklung. Die drei zentralen Gründe sind leicht nachvollziehbar.
Grund 1
Vorstände werden zeitlich von Verwaltungsgeschäften entlastet. Sie können ihre verfügbare Energie für die inhaltliche Entwicklung ihres Verbands einsetzen. Stabile Verwaltungs- und Managementprozesse werden vom Dienstleister aufrechterhalten. Neu gewählte Vorstände können darauf zurückgreifen. Die Zeit der Einarbeitung wird erheblich reduziert und Räder werden nicht immer wieder neu erfunden.
Grund 2
Ideen für Neues haben es deutlich leichter, ihren Weg in die Umsetzung zu finden, da die organisatorischen Abläufe nun nicht mehr allein an den begrenzten zeitlichen Ressourcen des Vorstands hängen. Ganz nebenbei bewirkt dadurch das Outsourcing, dass die Arbeit im Vorstand deutlich an Attraktivität gewinnt.
Grund 3
Der Verein profitiert von verlässlicher Erreichbarkeit und breiter Ressourcenbasis. Ein professioneller Dienstleister kann für unterschiedliche Prozesse auf kompetente Mitarbeitende zurückgreifen. Beispiele sind Mitgliederverwaltung, Veranstaltungsorganisation, Kommunikation, IT. Er kann zeitgemäße Instrumente im Verein oder Verband einsetzen. Dies zahlt auf die positive Wahrnehmung des Vereins bei Mitgliedern und externen Partnern als handlungsfähige Organisation ein.
Welche Herausforderungen sind zu meistern?
Finanzierung
Professionelle Dienstleistungen kosten Geld und sind ihr Geld auch wert. In aller Regel führt das Outsourcing von Management- und Verwaltungsleistungen zunächst zu einer Erhöhung der Kosten:
- Wenn ehrenamtlich durchgeführt Verwaltungsprozesse an hauptamtliches Personal oder Dienstleister übertragen werden, ist dies immer mit zusätzlichen Kosten verbunden.
- Bei Teilzeit-Angestellten (vgl. Fall 1 und 3) muss vielfach nur das Gehalt vom Verband bezahlt werden. Dies trifft dann zu, wenn die angestellten Personen in der Organisation eines Vorstandsmitglieds bereits arbeiten oder die Vereinsgeschäfte im Homeoffice besorgen können. Ein Dienstleister wird in seiner Kalkulation immer auch die Kosten für Büro und Management berücksichtigen müssen.
- Dienstleister sind in aller Regel gewinnorientierte Organisationen. Im Unterschied zu „eigenen“ Mitarbeitenden erwartet ein Dienstleister einen Gewinn. Dies ist auch fair, da der Dienstleister auch die Risiken übernimmt, die mit der Bereitstellung von Personal, Technik und sonstiger Infrastruktur verbunden sind, während sich der Verband / Verein im Fall des Outsourcings von diesen Risiken befreit.
Wie umfangreich eine erwartbare Kostensteigerung ausfällt, ist je nach Konstellation unterschiedlich. In den Fällen 3 und 4 hängt dies zum Beispiel stark von den bestehenden Gehaltsstrukturen und den durchzuführenden Arbeiten ab. Oft sind in kleinen Teams administrative Arbeiten teuer, weil sie von gut bezahlten Geschäftsführungen durchgeführt werden. Die Übertragung auf Sachbearbeitende bei einem Dienstleister, führt in diesen Fällen nicht per se zu höheren Kosten.
Ob das Angebot eines Dienstleisters „teuer“ oder „günstig“ ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Vergleiche zwischen Dienstleistern in einem Ausschreibungsverfahren ist oft aufgrund unterschiedlich strukturierter Angebote nicht leicht. Möglich ist aber immer ein Drittvergleich, z.B. mit Preisen / Angeboten von
- Zeitarbeitsfirmen für administratives Personal,
- Agenturen,
- Sekretariatsservices,
- Interim-Management.
Die Diskussion der Kosten ist vor allem wegen der zunächst erwartbaren, finanziellen Verpflichtung wichtig. Sie sollte aber nicht den Blick auf die längerfristige Entwicklungsperspektive verstellen:
- Welche Chancen haben wir als Organisation mit den Kompetenzen und Fähigkeiten des oder der Dienstleister (zusätzliche Leistungen, professioneller Auftritt, Mitgliederwachstum)?
- Welche Perspektive haben wir ohne diese Kompetenzen und Fähigkeiten?
In vielen unserer eigenen Mandate hat sich die finanzielle Gesamtsituation unserer Mandanten stabilisiert oder sogar verbessert, zum Beispiel durch langfristiges Wachstum der Mitgliedszahlen, Erträge aus neuen Leistungen, Rationalisierungen in Arbeitsprozessen oder einer Kombination aus diesen Faktoren.
Eine finanzielle „Untergrenze“ für das Outsourcing von Management- und Verwaltungsleistungen gibt es nach unserer Erfahrung nicht. Allerdings unterscheiden sich Servicelevel je nach finanziellem Volumen. Dies betrifft vor allem die kurzfristige Verfügbarkeit von Mitarbeitenden für die Abwicklung von Arbeitsprozessen. Eine „Obergrenze“ gibt es ebenfalls nicht. Bei Verwaltungsbudgets in einem mittleren sechsstelligen Bereich wird es nach unsrer Erfahrung im Vergleich zum Outsourcing immer attraktiver, eigene Geschäftsstellen zu etablieren.
Veränderungsbereitschaft ist ein Muss
Wenn bestehende Abläufe auf einen Dienstleister übertragen werden und sich nicht verändern, ist auch nichts gewonnen. Die Übergabe von Management- und Verwaltungsprozessen an einen Dienstleister muss daher immer zu Veränderungen führen.
- Schwachstellen in Prozessen: ein im Verbandsmanagement kompetenter Dienstleister wird schnell bestehende Lücken und Schwachstellen in Abläufen identifizieren und versuchen, diese zu schließen. Dies können sehr einfache Dinge sein, wie die Anpassung eines Beitragsformulars. Es können auch komplexere Themen sein, wie die Aufgabe von einzelnen Leistungen, deren Durchführung mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden ist.
- Professionelle Dienstleister haben ihre eigenen Standards für die Durchführung von Management- und Verwaltungsprozessen. Sie werden immer versuchen, die Abläufe ihrer Mandanten im Rahmen dieser Standards abzuwickeln, um effizient Leistungen erbringen zu können.
- Die Abgabe von Management- und Verwaltungsprozessen an einen Dritten führt dazu, dass der Einblick in die operativen Abläufe geringer wird. Aussagen des Dienstleisters zu Gegebenheiten können nicht mehr einfach „hinterfragt“ oder „überprüft“ werden, insbesondere, wenn sie dem eigenen „Fahrgefühl“ nicht entsprechen.
Diese Veränderungen können nach unserer Erfahrung in den ersten 12-24 Monaten der Zusammenarbeit zu Reibungen und Konflikten führen. Diese entstehen vor allem dann, wenn mit der Veränderung auch die zum Teil langjährige engagierte Arbeit von Vorständen und weiteren Mitarbeitenden in Frage gestellt wird. Es ist meisten nicht möglich, die möglichen „Konfliktherde“ vor dem Beginn der Zusammenarbeit zu benennen. Ein erfahrener Dienstleister wird in der Anbahnung einer Zusammenarbeit darauf hinweisen. Nach unserer Erfahrung spielen sich die veränderten Prozesse in aller Regel gut ein.
Mögliche Anbieter für das Outsourcing von Vereinsmanagement, Alternativen
Spezialisierte Dienstleister: Es gibt Organisationen, die sich auf die Durchführung von Management- und Verwaltungsabläufen für Vereine und Verbände spezialisiert haben. Oft bieten diese Dienstleister auch Beratungsleistungen an. Der Mehrwert dieser Kombination besteht in den fachlichen Impulsen für die Vereins- und Verbandsentwicklung, die sich aus der Verbandsberatung ergeben.
Rechtsanwälte und Treuhanddienste übernehmen nach unserer Erfahrung eher die Rolle der Geschäftsführung in Vereinen und unterstützen Vorstände bei der Abwicklung der formalen, teilweise auch der inhaltlichen Vereins- oder Verbandsgeschäfte. Eine Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten macht vor allem dann Sinn, wenn das Arbeitsfeld des Vereins eine Überschneidung mit dem Fachgebiet des Anwalts hat. Typische Beispiele sind Arbeitsrecht, Medienrecht, Medizinrecht, Urheberrecht. Die Übernahme von Verwaltungsaufgaben ist in diesen Konstellationen meist ein „add on“ und nicht das Kernprodukt.
Sekretariatsdienste übernehmen im Schwerpunkt Sekretariats- und Assistenzaufgaben in der administrativen Zuarbeit. Diese Dienste sind eine gute Wahl, wenn Erreichbarkeit einer Geschäftsstelle im Vordergrund steht und die Verantwortung für das Management im Vorstand verbleiben soll. Eine enge Steuerung durch den Vereinsvorstand ist meist notwendig.
Veranstaltungsagenturen biete vielfach auch Dienstleistungen in der Vereins- und Verbandsverwaltung an. Viele der administrativen Prozesse um Mitgliederverwaltung, Beitragseinzüge und Kommunikation sind ähnlich zu Prozessen des Veranstaltungsmanagements. Viele Vereine und Verbände führen zudem mehr oder weniger umfangreiche Veranstaltungen durch und greifen hierfür auf Agenturen zurück. Für Veranstaltungsagenturen ist das Vereinsmanagement aber selten Kerngeschäft. Weiterhin besteht das Risiko einer hohen Abhängigkeit von einem Dienstleister.
Gemeinschaftsgeschäftsstellen sind eine Alternative zum Outsourcing, wenn es darum geht, den eigenen Verein oder Verband mit stabilen Management- und Verwaltungsprozessen auszustatten. Solche Konstrukte machen vor allem dann Sinn, wenn Mitgliederprofile und Aktivitäten der beteiligten Verbände ähnlich sind. Herausforderungen sind mögliche Konflikte um Mitglieder und/oder um den Zugriff auf Personal bei Kapazitätsengpässen. Der Umgang mit diesen Themen bleibt dann Aufgabe der Vorstände.
Zusammenfassung
Vereinsmanagement als Dienstleistung ist in unterschiedlichen Situationen für Vereine und Verbände eine echte Option, bestehende Entwicklungsgrenzen zu verschieben. Als spezialisierte Beratungs- und Dienstleistungsorganisation für Vereine und Verbände betreuen wir selbst derzeit ca. 30 Organisation als Management-Dienstleister an unseren Standorten in Köln und Bern. Nach unserer und der Erfahrung unserer Mandanten bietet Outsourcing des Verbandsmanagements einen echten Mehrwert. Sprechen Sie uns auf unsere Erfahrungen an!