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Unternehmerische Führung in NPO – ein Widerspruch?

Teammeeting

Wie gestaltet sich das Arbeiten in einer Nonprofit-Organisation mit einer unternehmerischen Führung?

Nonprofit-Organisationen stehen mit ihrem Umfeld im Austausch. Zunehmender Wettbewerb, gesellschaftlich-demografische Entwicklungen, Fachkräftemangel, Legitimationsdruck, zunehmende Digitalisierung und der Wunsch nach neuen Arbeitsformen sind Beispiele von Entwicklungen, mit denen auch Nonprofit-Organisationen konfrontiert werden. Kann eine unternehmerische Führung ein Modell sein, diesen Herausforderungen wirksam zu begegnen? Wie werden die Begriffe Innovation, Proaktivität, Risikobereitschaft, Mitarbeitendenautonomie und Selbstbewusstsein im Wettbewerb in Nonprofit-Organisationen gelebt? Bestimmt ein zunehmender «Managerialismus» den Arbeitsalltag oder bieten sich gerade durch die unternehmerische Führung Chancen für eine Weiterentwicklung der Organisation? Möglicherweise sogar mit einem Effekt auf die Motivation, die Fluktuation und die Gesundheit der Mitarbeitenden? Im Rahmen einer Masterarbeit wurden geschäftsleitende Personen aus elf Organisationen aus dem Bereich des Gesundheitswesens in qualitativen Interviews zu diesen Themen befragt.

Wie definieren Organisationen eine unternehmerische Führung

Nonprofit-Organisationen stehen heute vor verschiedenen Herausforderungen. Studien in mehreren Ländern zeigen, dass mit Elementen der unternehmerischen Führung ein positiver Effekt auf den Organisationserfolg erzielt werden kann. Hat eine unternehmerische Führung auch einen Einfluss auf die Motivation, die Fluktuation und die Gesundheit von Mitarbeitenden? In einer Masterarbeit wird diese Fragestellung aufgegriffen. Die teils überraschenden Erkenntnisse werden nachfolgend in verkürzter Form erläutert.
Die aufgeführten Veränderungen stellen neue Anforderungen an die Führung von Organisationen, die Leadershipfähigkeiten von Vorgesetzten und die Arbeitsweise von Mitarbeitenden. Bestehende und bewährte Strukturen, Abläufe oder die vorhandene Organisationskultur werden in Frage gestellt. Die Befragung zeigte, dass finanzielle Themen zur unternehmerischen Führung gehören, jedoch nicht als monetäre Ausrichtung im Sinn einer Gewinnmaximierung, sondern als hohes Bewusstsein für die Notwendigkeit einer soliden, finanziellen Basis zur Sicherung der Tätigkeit und zum verantwortungsvollen und überlegten Einsatz der vorhandenen Gelder. Zu einer unternehmerischen Führung gehören für die Befragten eine Ausrichtung auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppen, das Verfolgen und Erkennen von Entwicklungen und Trends im Umfeld sowie das Arbeiten mit einer Strategie und entsprechenden Unternehmenszielen. Mitarbeitende geniessen in allen Organisationen einen hohen Stellenwert als Schlüsselfaktor zum Erfolg.

Positive Aspekte einer unternehmerischen Führung

Zehn der befragten Personen sehen in einer unternehmerischen Führung ein erstrebenswertes Ziel. Als positiver Aspekt der unternehmerischen Führung wurde die erkennbare Positionierung genannt, die gegen aussen und innen Sicherheit, Klarheit und Vertrauen vermittelt und zur Folge hat, dass Mitarbeitende die Ausrichtung der Organisation kennen. Sie wissen, wofür diese einsteht, gerade auch in Zeiten des Wandels. Weiter genannte Punkte waren die Ausrichtung auf Klientenbedürfnisse und eine höhere Innovationsfähigkeit, um schnell und flexibel nutzenbringende und wirksame Dienstleistungen entwickeln und anbieten zu können. In den befragten Organisationen gibt es eine hohe Zufriedenheit der Mitarbeitenden.

Herausforderungen einer unternehmerischen Führung

Als grösste Gefahr einer unternehmerischen Führung sehen über die Hälfte der Befragten eine mögliche Überforderung von Mitarbeitenden, insbesondere durch den hohen Grad an Autonomie und Selbstverantwortung, ein zu forsches Tempo und zu wenig transparenter Kommunikation, mit welcher Bedenken, Vorbehalte oder Ängste aufgenommen und geklärt werden können. Ebenfalls erwähnt wurde, dass bei aller unternehmerischen Führung die unterschiedlichen Bedürfnisse und Persönlichkeiten von Menschen nicht ausser Acht gelassen werden dürfen.

Führung und Partizipation

In den befragten Organisationen zeigt sich eine einheitliche Ausrichtung auf einen situativen und/oder partizipativen Führungsansatz. Es wird grossen Wert auf den Einbezug der Mitarbeitenden und einen Gestaltungsfreiraum innerhalb bestimmter Rahmenbedingungen gelegt. Die Definition des Rahmens und die klare Kommunikation dazu werden als wesentliche Aufgabe der Führungskräfte genannt, damit Mitarbeitende sich innerhalb dieser Leitplanken mit ihrem Fachwissen und ihrer Erfahrung einbringen, selbständig arbeiten und entscheiden sowie Verantwortung übernehmen können. Die Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen und einem hohen Partizipationsgrad mit Informations- und Mitspracherechten.

Fazit

Die bisherige Forschung zu unternehmerischer Führung legte den Fokus mehr auf Zusammenhänge zum Organisationserfolg oder zur Zielerreichung. Unternehmerische Führung hat aber auch einen positiven Einfluss auf die Motivation von Mitarbeitenden. Sie kann Organisationen darin unterstützen, genügend Mitarbeitende zu finden und gerade auch jüngere Mitarbeitende und Nachwuchskräfte länger in der Organisation zu halten. Eine unternehmerische Führung, die sich der Risiken bewusst ist und diesen auch mit entsprechenden Massnahmen begegnet, kann einen positiven Einfluss vor allem auf Ausfälle infolge psychischer Belastungen haben. Die befragten Interviewpersonen zeigen ein hohes Verantwortungsbewusstsein gegenüber Mitarbeitenden, den Klienten und Klientinnen, dem Umfeld und dem Sachziel der Organisation. Professionelles Management wird als sorgfältiges Umgehen mit den Ressourcen beschrieben. Der Fokus liegt auf der nachhaltigen Sicherung der Organisationstätigkeit und dem Lösen von Abhängigkeiten, die Einfluss auf die Art der Ausrichtung der Organisation haben können. Die Interviewpersonen sind sich bewusst, dass sie sich in einem Umfeld bewegen, mit dem sie in Interaktion stehen und von dem sie abhängig sind. Der Fokus auf das Sachziel erfordert eine gesicherte Finanzierung, ebenso die Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden und Geldgeber:innen. Das Aufnehmen von Bedürfnissen der Klientenschaft bedingt Innovationen, diese müssen wieder finanziert werden können. Viele der befragten Interviewpersonen betonen, dass sich die Führung einer Nonprofit-Organisation klar von der Führung eines Profitunternehmens unterscheidet. Sie erfolgt auf partizipativer Ebene und richtet sich an der Basis aus. Dies hat einen Einfluss auf die Art und die Geschwindigkeit , mit der vorwärtsgegangen werden kann. Mitarbeitende stehen im Zentrum und sind nicht beliebig austauschbar. Nicht zuletzt ebnet eine unternehmerische Führung auch den Weg hin zu agilen Arbeitsformen oder sogar einer Form der Selbstorganisation.

Ausführlich und in voller Länge: Forschungsbeitrag von Antonella Rossi Harbus „Unternehmerische Führung in NPO und ihr Einfluss auf soziale Faktoren“, erschienen im VM 2/23

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