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Das digitale «Wir-Gefühl» – Bindung und Förderung in der digitalen Freiwilligenarbeit

Menschen in einer online Besprechung

Eine gelebte Identifikationskultur mit den entsprechenden Rahmenbedingungen, Ressourcen für und Freude an der Beziehungsgestaltung sowie der Bereitschaft zur Weiterentwicklung, sind Voraussetzungen für ein motivierendes und inspirierendes «Wir-Gefühl» in der digitalen Freiwilligenarbeit. Dabei haben die strategische und die operative Ebene der Organisation je spezifische Aufgaben wahrzunehmen, damit das Zugehörigkeitsgefühl entstehen und gepflegt werden kann.

Neue Angebote und Strukturen für neue Bedürfnisse und Kompetenzen

Spass, persönlicher Mehrwert, Austausch mit Gleichgesinnten und digitale Einsatzmöglichkeiten stehen zuoberst auf dem Wunschzettel von aktuellen und vor allem zukünftigen Freiwilligen, die ihrerseits oft wertvolle digitale Kompetenzen mitbringen.   Organisationen, die auf Nachwuchs in der Freiwilligenabteilung angewiesen sind, tragen diesen Bedürfnissen der sogenannt «neuen Freiwilligen» mit ihrer gelebten Identifikationskultur, ergänzenden und neuen (digitalen) Angeboten aber auch mit angepassten Strukturen Rechnung. In der digitalen Freiwilligenarbeit gewinnen Aspekte der Organisationskultur und der Selbstorganisation an Bedeutung.   Die Frage stellt sich, wie wir ein motivierendes und inspirierendes «Wir-Gefühl» unter digitalen Freiwilligen schaffen können und wie wir eine Teilhabe am «Wir-Gefühl» unserer Organisation erreichen?  

Wer macht was?

Die strategische Ebene (das Freiwilligen-Management) und die operative Ebene (die Freiwilligen-Koordination) tragen je ihren Teil zur Gestaltung des «Wir-Gefühls» in der digitalen Freiwilligenarbeit bei

Das untenstehende Modell beschreibt das Zusammenspiel und die Abhängigkeiten der beiden Ebenen. Es unterstützt die Überlegungen für das Management und die Koordination der «klassischen» und der online Freiwilligenarbeit.

Modell: Fokus Bindung und Förderung der Freiwilligen in der modernen Arbeitswelt (Copyright: B’VM)

Rahmenbedingungen schaffen – das Freiwilligen-Management

Die strategische Führungsebene der Organisation – Vorstand und/oder Geschäftsführung – schaffen die Rahmenbedingungen. Neben inhaltlich attraktiven und für die Organisation sinnvollen digitalen Einsatzmöglichkeiten (Konzeption) müssen die OrganisationsKULTUR sowie die OrganisationsSTRUKTUR bewusst (auch) auf die digitalen Freiwilligen ausgerichtet werden und es braucht den Willen zur Weiterentwicklung.

Eine OrganisationsKULTUR mit folgenden Merkmalen unterstützt das «Wir-Gefühl» in der digitalen Freiwilligenarbeit:

  • Gemeinsamer Zweck (Purpose) – explizite Ausrichtung und Orientierung.
  • Offene Kommunikation und Transparenz – unterstützt das Verständnis unter on- und offline Mitarbeitenden.
  • Kontinuierliches Lernen und Zusammenarbeit – eine Organisationskultur, die auf Zusammenarbeit sowie gemeinsames Lernen und Wachsen basiert.
  • Anerkennung und Respekt – verankerte Kultur der Anerkennung, des Respekts und der Wertschätzung.
  • Verbindlichkeit und Eigenverantwortung – ermöglicht Flexibilität und Autonomie, was für dezentral Arbeitende von besonderer Bedeutung ist.

Auf der strategischen Ebene müssen auch klare Entscheidungen im Zusammenhang mit der Organisationsstruktur getroffen werden, damit die operative Ebene das «Wir-Gefühl» unter den digitalen Freiwilligen erarbeiten und pflegen kann.

  • Allokation von Ressourcen Tools müssen bereitgestellt und betreut, finanzielle und personelle Ressourcen eingeplant werden.
  • Benennung der Schnittstellen und der Verantwortlichkeiten Die Prozesse und Schnittstellen müssen für die digitale Freiwilligenarbeit zusätzlich gedacht werden.

In die Beziehung investieren – die Freiwilligen-Koordination

Dank den gesetzten Rahmenbedingungen kann sich die operative Ebene – die Freiwilligen-Koordination – den Bedürfnissen der digitalen Freiwilligen widmen. Ihre Bedürfnisse dienen uns als Basis für die Gestaltung der Betreuung und Begleitung sowie zum Aufbau der Beziehung und unterstützen so die Entwicklung des «Wir Gefühls».

«Willkommen» und Begleitung

  • Bedürfnis nach Identifikation und Sinnhaftigkeit
    Eine persönliche Willkommensnachricht mit Kontaktangaben, ein ansprechendes (online) Orientierungs-Toolkit mit Infos zur Einarbeitung und Links zu wichtigen Ressourcen (Tutorials, Nutzungsbedingungen, Protokolle, all-gemeine Richtlinien der Organisation usw.) und eine Einladung zu einem online Kennenlernen mit anderen Helfenden unterstützen die Orientierung und die Identifikation.
  • Das Bedürfnis nach guter Kommunikation
    Kurze Kommunikationswege und eine Kommunikation auf Augenhöhe schaffen Nähe trotz der Distanz. Persönliche online Begegnungen mit den Mitarbeitenden der Organisation, klare – verschriftlichte – Aufträge inkl. Meilensteinen und ein jederzeit offenes Ohr machen die Zusammenarbeit effektiv und somit befriedigend und gewinnbringend für beide Seiten.
  • Bedürfnis nach Unterstützung und Austausch
    Durch den Einsatz von Online-Plattformen (Slack, Teams, …), Videokonferenzen (Zoom, Teams, Google Meet, Slack, …), sozialen Medien und anderen digitalen Kanälen (z. B. Projektmanagementtools wie Trello oder Asana) können Freiwillige (in Echtzeit) miteinander in Kontakt treten, aktiv den Wissensaustausch pflegen, gemeinsam an Projekten arbeiten und ein Gefühl der Zugehörigkeit und Eigenverantwortung entwickeln.
  • Bedürfnis nach Feedback und Selbstwirksamkeit
    Ein- und Austrittsrituale, Angebote zur persönlichen und beruflichen Entwicklung sowie Networking-Möglichkeiten zeigen den Freiwilligen, dass sie und ihre wertvolle Arbeit respektiert und geschätzt werden. Projektmeilen-steine oder -abschlüsse können online sichtbar gemacht und gemeinsam gefeiert werden. Zum Abschluss können Referenzschreiben oder individuel-le Abschlusszertifikate ausgestellt werden.
  • Bedürfnis nach Flexibilität und Autonomie
    Damit online Freiwilligenarbeit selbstorganisiert geleistet werden kann, setzt von der Organisation selber ein hohes Mass an Flexibilität und Offenheit voraus. Gleichzeitig ist es wichtig, mit klaren Ziel- und Zwecksetzungen sowie Regeln und Prozessen, die Erwartungen zu kommunizieren sowie Kontakt-punkte und die Erreichbarkeiten zu kanalisieren, damit die Betreuung von den Freiwilligenkoordinator:innen gleistet werden kann.
  • Bedürfnis nach Motivation und Spass
    Vom gemeinsamen Kennenlernen über Stammtische, Diskussionsrunden, Webinare und bilaterale Meetings, ja sogar Filmabende – mit den richtigen Tools und Methoden springt der Funke auch über grössere Distanzen. Veranstaltungen sind ein zuverlässiges Mittel gegen Motivationstiefs, auch wenn sie digital stattfinden.
    Es bietet sich ausserdem an, in regelmäßigen Abständen (z.B. einmal im Jahr) ein Präsenztreffen oder regelmässige Stammtische zu veranstalten zur Wissensvermittlung aber vor allem für Spiel und Spass.

Evaluation

Freiwillige fühlen sich ernstgenommen und respektiert, wenn ihnen die Organisation zuhört und interessiert ist an Verbesserungsmöglichkeiten.
Eine online «Beschwerde– und Inputbox», online Fragebogen, bilaterale Projektabschluss- resp. Austrittsgespräche, Workshop-Sessions im Team, Retrospektiven – alle Methoden haben ihre Berechtigung und tragen dazu bei, die digitale Freiwilligenarbeit auf allen Ebenen weiterzubringen.

«Auf Wiedersehen»

Jeder Freiwilligeneinsatz hat einen Lebenszyklus und kommt somit früher oder später zu einem natürlichen Abschluss. Dieser muss aktiv gestaltet werden und jederzeit eine Option sein. Digitale Freiwillige sollen mit einem positiven Gefühl und ohne schlechtes Gewissen austreten dürfen. Denn: gemäss einer Erhebung des Bundesamts für Statistik sind rund 60% der Freiwilligen bereit, sich künftig wieder zu engagieren!

Tabelle: Das digitale «Wir-Gefühl» - Aufgaben des Freiwilligen-Managements und der Freiwilligen-Koordination abgeleitet von den Bedürfnissen der digitalen Freiwilligen. (Copyright: B’VM)
Tabelle: Das digitale «Wir-Gefühl» – Aufgaben des Freiwilligen-Managements und der Freiwilligen-Koordination abgeleitet von den Bedürfnissen der digitalen Freiwilligen. (Copyright: B’VM)

Quellen:

Von Schnurbein, Georg (2013). Freiwilligenarbeit zwischen Freiheit und Professionali-sierung. In: Von Schnurbein/ Wiederkehr/Ammann (Hrsg.). Zurich; Seismo.

Gmür, Markus/Lichtseiner, Hans/Stuhlmann, Karin/Erpf, Philipp/Andessner, René (2023). Das Freiburger Management- Modell für Nonprofit-Organisationen. 10. Auflage. Bern; Haupt.

Soziale Dienste der Stadt Zurich (2014). Handbuch Freiwilligenarbeit.
www.stadt-zuerich.ch/sd/de/index/stadtleben/engagement/freiwilligenarbeit/handbuch_fwa.html
(Zugriff August 2023)

Neufeind Max/Guntert, Stefan T./Wehner, Theo (2015). Neue Formen der Freiwilligenar-beit. In: T. Wehner, S. T. Guntert (Hrsg.), Psychologie der Freiwilligenarbeit. Berlin, Heidelberg; Springer-Verlag.

Bundesamt für Statistik (Hrsg.) (2007, 2010, 2015, 2017, 2020). Schweizerische Ar-beitskräfteerhebung – SAKE: Modul „Unbezahlte Arbeit“. Neuchâtel: BfS.

Schweizerisches Rotes Kreuz (Hrsg.) Toolkit Freiwilligenarbeit (2021)
https://www.redcross.ch/de/unterstuetzen-sie-uns/freiwilligenarbeit/moeglichkeiten-fuer-ein-freiwilliges-engagement/management-von-freiwilligen (Zugriff August 2023)

https://sgg-ssup.ch/freiwilligenarbeit/freiwilligenmonitor/
https://www.fairlinked.org/digitale-freiwilligenarbeit/
https://www.hausdesstiftens.org/online-freiwilligenarbeit-teil-3/
https://dossier-freiwillig-engagiert.ch/
https://www.benevol-jobs.ch/de

Lesen Sie den Forschungsbeitrag in voller Länge:

Der Forschungsbeitrag von Barbara Iseli Sczepanski wurde in voller Länge im VM-Magazin (VM 3/23) des Institut für Verbands-, Stiftungs- und Genossenschaftsmanagement (VMI) publiziert. Wir stellen Ihnen diesen gerne als PDF zur Verfügung.

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